Über den Pamir Highway und durch den Wakhan Korridor

Von Osh nach Dushanbe

Kirgisistan, Tadschikistan | August 2014

Ausgangspunkt meiner Reise durch den Pamir, ist die im Süden Kirgisistans gelegene Stadt Osh. Die Stadt wirkt deutlich islamischer als der Rest des Landes, wo die Religion eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Das Wahrzeichen von Osh ist der Suleiman-Berg, die einzige UNESCO Weltkulturerbestätte Kirgisistans. Er war einst ein wichtiger Wegweiser für Reisende, die auf den ehemaligen Seidenstraßen in die Stadt kamen. Der Suleiman gilt als Heiliger Berg und ist heute ein wichtiger Ort für muslimische Pilger und ein beliebtes Ausflugsziel.

Suleiman-Berg Osh Am Fuße des Suleiman-Berg in Osh.

An seinem Fuß liegt der Jayma Bazaar, ein Freiluftbazaar, an dem die Händler sich gerne mit ihrer Ware ablichten lassen.

Bazar Osh Eine Marktfrau auf dem Bazar in Osh.

Im «Osh Guesthouse» lerne ich Michelangelo aus Italia sowie Jamie, Marc und Amir aus Holland kennen. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg, den Pamir Highway und den Wakhan Korridor zu erkunden. Fünf Leute plus Fahrer in einem «Mitsubishi Pajero» ist wahrlich kein Vergnügen. Wir einigen uns darauf, alle zwei Stunden die Plätze zu tauschen, da die hintere Sitzreihe besonders unbequem ist.

Pamir Highway

Der Pamir Highway, die zweithöchst gelegene befestigte Fernstraße der Welt, verläuft über 1.300 km von Osh nach Dushanbe. Der äußerste Norden des Gebirges gehört zu Kirgisistan, der Osten zu China, der Süden zu Afghanistan und der Rest zu Tadschikistan.

Pamir Highway Der Pamir Highway, die zweithöchst gelegene befestigte Fernstraße der Welt.

Die Fahrt von Osh nach «Sary Tash», dem ersten Etappenziel, dauert nur drei Stunden. Der auf 3.000 Meter gelegenen Ort ist wenig spektakulär und dient lediglich der Akklimatisation an die Höhe. Beim Betreten unseres «Homestay» wird mir klar, dass die nächsten Tage sehr komfortlos verlaufen werden. Geschlafen wird meist auf dem Boden, Duschen und westliche Toiletten sind eher die Ausnahme. Alle Gastfamilien, bei denen wir während der Tour durch den Pamir übernachten, geben sich große Mühe. Wir bekommen ein einfaches Frühstück und Abendessen serviert, dazu literweise grünen oder schwarzen Tee. Auch wenn die Unterkünfte sehr spartanisch sind, so wird großen Wert auf Sauberkeit gelegt. Beim Betreten der Häuser, müssen stets die Schuhe ausgezogen werden.

Sary Tash Blick auf das Dorf Sary Tash.

Wenige Kilometer hinter Sary Tash verlassen wir Kirgisistan und reisen nach Tadschikistan ein. Unweit der Grenze liegt der Karakul, der größte See im Pamir. Bevor wir den Übernachtungsort Murgab erreichen, gilt es den 4.655 Meter hohen «Ak-Baital-Pass», den höchsten Punkt des Highways, zu überwinden. Glücklicherweise wird keiner unsere Gruppe während der gesamten Tour von der Höhenkrankheit aufgesucht.

In Murgab erlebe ich den interessantesten Geldwechsel meines Lebens. Ich habe noch etliche kirgisische «Som» und wollte diese gerne in tadschikische «Somoni» tauschen. Es ist Sonntag und die Bank ist geschlossen. Unser Fahrer fährt Michelangelo und mich zum Bankgebäude, dort steigt eine ältere Dame zu. Gemeinsam fahren wir ein paar Straßen weiter, wo die Dame aussteigt, ein Haus betritt und wenig später mit einem Bündel Geld zurückkehrt. Der Weckselkurs war sogar besser als an einem Geldautomat (wenn es im Pamir einen geben würde).

Murgab Geldwechsel in Murgab.

Nachdem jeder sein Geld gewechselt hat, fahren wir über das Dorf «Alichur» nach «Bulunkul», wo eine kleine Wanderung zum gleichnamigen See auf dem Programm steht.

Yashil-Kul See Blick auf den Yashil-Kul See.

In dem Ort «Bulunkul» frage ich mich, warum man so wenige Männer auf den Straßen sieht. Die Anwort ist einfach: Bürgerkrieg, Armut und Arbeitslosigkeit haben die Zahl der Männer in Tadschikistan drastisch dezimiert. Ein Mann kommt in Tadschikistan auf sieben Frauen. Fast eine Million Tadschiken wurden von Armut und Arbeitslosigkeit außer Landes getrieben, meistens nach Russland.

Wakhan Korridor

Am mittlerweile vierten Reisetag verlassen wir den Pamir Highway und biegen nach Süden, in Richtung Wakhan Korridor ab. Das Wakhan Tal ist ein schmaler Landstrich im Pamirgebirge im äußersten Nordosten Afghanistans bzw. Süden Tadschikistans und ist eines der entlegensten Gebiete der Welt. Der Fluss «Pandsch» bildet hier die natürliche Grenze beider Länder. Bevor wir den Korridor erreichen, türmen sich vor uns die schneebedeckten Gipfel des Hindukusch auf.

Hindukusch Blick auf den Hindukusch.

In der Ortschaft «Langar» werden wir von einem Mann auf der Straße angesprochen und spontan in sein Haus eingeladen. Wir trinken Tee und versuchen uns mit Händen und Füßen gegenseitig zu verständigen. Als wir bereits im Begriff waren zu gehen, serviert uns seine Frau plötzlich frisch zubereitete Bratkartoffeln mit Zwiebeln und Brot. Welch Gastfreundlichkeit, in einer der ärmsten Regionen der Erde. Wir überlegen, wie wir uns erkenntlich zeigen können und legen beim Verabschieden, geheim einen mittelgroßen Schein unter den Teller.

Insgesamt über 300 km fahren wir entlang des Wakhan Korridors. An manchen Stellen ist Afghanistan zum Greifen nahe. Wir klettern auf jahrhundertealte Ruinen, Yamchun Fort und Khaakha Fort, die strategische Stützpunkte zur großen Zeit der Seidenstraße waren.

Khaakha Fort Das Khaakha Fort im Wakhan Korridor.

Das Dorf «Ishkashim» gibt es gleich zweimal. Einmal auf der tadschikischen und einmal auf der afghanischen Seite des Flusses. Verbunden werden beide Orte durch eine Brücke, die zugleich ein offizieller Grenzübergang ist. An jedem Samstag findet im afghanischen Ishkashim ein Markt statt, der auch von Touristen problemlos, ohne Visa besucht werden kann. Leider sind wir unter der Woche hier und können somit unsere Beine nicht auf afghanischen Boden stellen.

Ishkashim Eine Brücke in Ishkashim verbindet Tadschikistan mit Afghanistan.

Am sechsten Tag erreichen wir schließlich Khorog, wo unsere organisierte Reise durch den Pamir endet. Eigentlich wollte ich von hier nach Dushanbe fliegen. Der Flug in einer kleinen Cessna über die Gipfel und Gletscher des Pamirs soll atemberaubend sein. Leider waren für die nächsten vier Tage keine Plätze verfügbar. Selbst Bestechungsversuche blieben, zu meiner großen Überraschung, erfolglos. So musste ich notgedrungen auf die 14-stündige Autofahrt, ebenfalls in einem Mitsubishi Pajero, ausweichen. Gott sein Dank konnte ich mir zumindest den Beifahrersitz sichern. Dennoch würde ich beim nächsten mal wohl die vier Tage Wartezeit in Kauf nehmen.