Turkmenistan wurde 15 Jahre von dem wohl bizarrsten Despoten der jüngeren Weltgeschichte regiert. Allein der verstorbene nordkoreanische Diktator Kim-Il-Sung konnte es mit ihm aufnehmen. Die Rede ist von Turkmenbashi, dem «Vater aller Turkmenen», wie sich Saparmurat Nijasov von seinem Volk nennen ließ. Der Personenkult, den er um sich herum schuf, ist auch nach seimen Tode im Dezember 2006 allgegenwärtig. Noch immer stehen unzählige Sockel über das Land verteilt, von denen er auf sein Volk herabblickt.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991, übernahm Nijasov die Regierungsgewalt und führte das Land gewissermaßen in die Unabhängigkeit. Aus der Kommunistischen Partei wurde die Demokratische Partei Turkmenistans. Konkurrierende Parteien wurden nicht zugelassen. Oppositionelle wurden verfolgt oder flüchteten ins Ausland. Noch heute herrscht eine rigorose Pressezensur, wodurch sich das Land in der Rangliste der Pressefreiheit auf dem drittletzten Platz wiederfindet. Nur Nordkorea und Eritrea halten noch weniger von freier Meinungsbildung.
Die Ruhnama – das Buch der Seele
Das angeblich von Turkmenbashi selbst verfasste Buch Ruhnama handelt von moralischen Verhaltensregeln und Lobpreisungen auf die Geschichte des Landes. Das Buch wird zur Pflichtlektüre für das Volk. Es ist Bestandteil des Unterrichts an Schulen und Universitäten. Selbst die Führerscheinprüfung kann nicht abgelegt werden, ohne dass man aus dem Buch zitieren kann. In Ashgabat wird der Ruhnama auf einem eigens dafür errichteten Platz gehuldigt.
In über 40 Sprachen wurde die Ruhnama übersetzt. Um das Tor nach Turkmenistan zu öffnen und lukrative Aufträge einzufahren, haben sich viele westliche Firmen dazu verleiten lassen, das Buch zu übersetzen. Die deutsche Fassung stammt von Daimler-Benz.
Weitere Absurditäten Turkmenbashis
- 1999 lässt er sich zum Präsidenten auf Lebenszeit ernennen
- 2002 führte er neue Monatsnamen ein. Der Januar wird nach ihm benannt, der April erhält den Namen seiner Mutter, der September den Namen seines Buches Ruhnama
- 2003 lässt er sich zum Propheten ausrufen
- 2004 lässt er ein Exemplar der Ruhnama ins Weltall befördern
- Einer seiner Ehrentitel lautete «Diamantenkranz des Volkes»
- Er verbietet den Fremdsprachenunterricht an Schulen und das Rauchen in der Öffentlichkeit
- Er verbietet lange Haare und Bärte bei jungen Männern sowie die uralte Tradition in Zentralasien, Goldzähne zu tragen
- Er benennt mit seinem Namen Turkmenbashi eine Hafenstadt am Kaspischen Meer, Schulen, Banken, Flughäfen und einen Meteoriten
Der Nachfolger
Gurbanguly Berdymukhamedov war Turkmenbashis Leibzahnarzt und Stellvertreter. Entgegen der Verfassung übernahm er nach dem Tod des Staatslenkers die Präsidentschaft. So manch Oppositioneller verband damit gewisse Hoffnungen. Auf der einen Seite lockerte er den Zugang zum Internet, führte den Fremdsprachenunterricht wieder ein, strich die Ruhnama größtenteils von den Lehrplänen und schaffte Turkmenbashis ominösen Monatskalender ab. Auf der anderen Seite regiert auch er das Land fast autokratisch; von Pressefreiheit weiterhin keine Spur, eine politische Opposition nicht existent. Berdymukhamedov betreibt einen ebenso monumentalen Personenkult wie sein Vorgänger. Auf vielen Plätzen des Landes stehen überdimensionierte Portraits von ihm
und sein Konterfei zierrt öffentliche Gebäude und Wohnzimmerwände.
Auch 8 Jahre nach Turkmenbashi zählt Turkmenistan zu den totalitärsten Staaten der Welt. Viele der knapp 7 Millionen Turkmenen scheinen sich jedoch davon nicht abschrecken zu lassen, geschweige denn aufzubegehren. Trotz Korruption, Armut und Arbeitslosigkeit schafft es das Regime nach wie vor, dass Volk mit Almosen ruhig zu halten. Strom, Gas, Wasser und Salz sind kostenlos. Ein Liter Benzin kostet 0,20 Euro. Eben alles völlig absurd in Turkmenistan!