Samarkand und seine Geschichte haben mich so gefesselt, dass ich gleich eine Woche geblieben bin. Gegründet vor 2.750 Jahren, gehört sie zu den ältesten Städten der Welt. Die antike Seidenstraße verlief durch Samarkand und der auf dieser Handelsroute stattfindende Technologie- und Kulturaustausch hat wesentlich zur Blüte der Stadt beigetragen. Griechen, Türken, Araber, Perser, Mongolen und viele andere Völker haben Samarkand regiert, bis sie schließlich im Jahr 1220 von «Chinggis Khan» dem Erdboden gleich gemacht wurde. Doch das war noch lange nicht das Ende. 150 Jahre später erklärte König «Amir Timur», einst der mächtigste Herrscher der islamischen Welt und Anführer der «Timuriden», Samarkand zu seiner neuen Hauptstadt. Er schmiedete in den Folgejahren diese mystische wirkende Metropole. Sein Enkel «Ulugbek» regierte bis Mitte des 15. Jahrhunderts und vollendete viele von Timurs großartigen Bauten.
Jeden Morgen nach dem Frühstück, auf dem Weg zum Basar, schlenderte ich durch die Altstadt. Dabei führte mich mein Weg zuerst zum Registan, mit Sicherheit einer der prächtigsten Plätze Zentralasiens, der nur einen Katzensprung von meinem Guesthouse entfernt lag.
Das Ensemble besteht aus drei Medresen (Schulen für islamische Wissenschaften), deren Gemäuer kunstvoll mit unendlich vielen Mosaiken verziert sind. Vorbei an der Bibi Khanum Moschee, die wie nahezu alle historische Bauten der Stadt, aufgrund mehrerer Erdbeben völlig zerstört war. Doch inzwischen sind bedeutende Teile der Freitagsmoschee durch Restaurierung wiederhergestellt worden.
Am Basar angekommen, kaufte ich mir mein tägliches Mittagessen. Darüber hinaus ist der Bazaar die beste Wechselstube der Stadt. In Usbekistan ist nur Bargeld wahres. Kreditkarten und Schecks kann man zuhause lassen, da sie nicht akzeptiert werden. Auf dem Schwarzmarkt bekommt man rund 25% mehr für seine Dollars oder Euros als in Banken oder offiziellen Wechselstuben. Für 100 USD erhält man sage und schreibe 300 Scheine á 1.000 Usbekischer Som. Ein normaler Geldbeutel reicht da nicht mehr aus, weshalb ich stets mit meiner Umhängetasche außer Haus ging. Seit kurzem gibt es 5.000 Som Noten, die aber bis dato kaum verbreitet sind.
Mein abendlicher Rundgang führte mich häufig zum Gur Emir Mausoleum. Dies ist die Grabstätte «Timurs» und einiger anderer bedeutender «Timuriden». Das charakteristische Merkmal des Mausoleums ist die hohe melonenförmige, gerippte Kuppel.
Das Khodja Doniyor Mausoleum ist angeblich die Grabstätte des «Propheten Daniel». Meinem Namensvetter zu ehren, folgende Legende:
Die arabische Legende über den Propheten Daniel entstand im 9. Jahrhundert und wurde von zwei Astronomen erzählt. Diese Geschichte, obwohl nicht biblisch belegt, berichtet, dass der «junge Hebräer» Daniel verfolgt und aus Syrien von Götzendienern, denen er den «richtigen Glauben» zeigen wollte, verjagt wurde. Der im Schlaf gesehene Greis forderte den Propheten auf, gegen den Ungläubigen zu kämpfen und versprach den Sieg über ganz Asien. Daniel sammelte seine Nachfolger in Ägypten, wo er Unterkunft fand, und gründete Alexandria. Dem Greis gehorchend, ging er mit einem Krieg gegen den Ungläubigen vor. Nach seinem erfolgreichen Feldzug kehrte er nach Alexandria zurück und lebte dort bis zu seinem Tod.
Seine Überreste hatte angeblich der Große Timur aus Mekka mitgebracht. Man sagt, dass in diesem Mausoleum die Hand des Propheten Daniels liegt. Die Länge des Grabes beträgt 18 Meter, was für die Standardgröße eines Arms zu viel erscheint. Als Auslegung existieren hier zwei Versionen: Laut einer wächst die Hand Jahr für Jahr, laut der anderen entspricht die Größe des Grabs den realen Größen des Propheten Daniels, da er einfach ein Gigant war.
Die aus meiner Sicht beeindruckendste Sehenswürdigkeit Samarkands, ist das Schahi Sinda Ensemble, das sich auf einem Hügel am Rand der Altstadt befindet. Hier wurden früher die Adligen der «Timuriden» bestattet. Das Ensemble wurde über neun Jahrhunderte ausgebaut und verfügt heute über mehr als 20 Gebäude.
Auch wenn sich in Samarkand großartige Zeugnisse islamischer Architektur finden, so wirkt die Stadt an manchen Stellen sehr künstlich. Zwischen den einzelnen historischen Bauten haben die modernen Stadtplaner Straßenzüge angelegt, deren Architektur an ein «Factory Outlet Center» erinnern. Sah ich in den letzten Wochen meiner Reise durch Zentralasien, selten mehr als eine handvoll ausländischer Touristen pro Tag, so hat sich das in Samarkand schlagartig geändert. In Usbekistans Touristenmagnet wimmelt es von Spaniern, Franzosen und Italienern. Deutsche fahren im August wohl lieber nach Mallorca. Russischkenntnisse sind nicht mehr nötig. Nahezu jeder spricht zumindest ein paar Brocken Englisch. Trotzdem überwiegen ganz eindeutig die positiven Aspekte der Stadt, sonst wäre ich bestimmt nicht eine Woche geblieben.